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Besuch auf dem Ziegenbetrieb "Furth-Hof" in Schwanewede

Ziegenmilch und Ziegenkäse sind sehr beliebt- aber was geschieht mit den überzähligen Ziegenkitzen der Milchziegenbetriebe? Der Furth-Hof hält eine Lösung bereit.


Ende April machte sich eine kleine Delegation aus dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) aus Hannover auf den Weg nach Schwanewede zum Ziegenbetrieb Furth-Hof von Gwendolyn Manek.

Frau Manek hatte eingeladen, um die erfolgreiche Umsetzung ihres LEADER Projektes, den „Aufbau eines landwirtschaftlichen Biobetriebes, Schwerpunkt Aufzucht und Direktvermarktung von Ziegenkitzen, mit Öffentlichkeitsarbeit (Kinder- und Erwachsenengruppen, Wissenstransfer in der Branche der Milchziegenhaltung)“ zu präsentieren. So wurden die Niedersächsische Landesbeauftragte für den Tierschutz, Michaela Dämmrich, und ihre zwei Kolleginnen, die im ML für die Förderung aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung der ländlichen Räume (ELER) zuständig sind, herzlich empfangen. Eloquent erklärte Gwendolyn Manek den Gästen von der Aufzucht von überzähligen Ziegenkitzen aus einem Milchziegenbetrieb und deren Vermarktung. Sie berichtete von den Schritten, die sie unternommen hat, um die alten Gebäude auf dem Furth-Hof zu erhalten und durch Umbauarbeiten in dem alten Schweinestall einen Hofladen und einen modernen Tagungsraum einzurichten. Dabei konnte sie u.a. auch auf die finanzielle Unterstützung aus der Fördermaßnahme LEADER zählen. LEADER ist ein Förderinstrument für die Regionalentwicklung aus dem ELER. Klaus Gerdes, Leiter des Sachgebiets Tierzucht von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Hendrik Schuhmacher von der Wirtschaftsförderung des Landkreises Osterholz, und die Landesbeauftragte für den Tierschutz, Michaela Dämmrich, hatten Frau Manek bei der Antragstellung des Projektes unterstützt.

Gwendolyn Manek hält zurzeit auf dem Furth-Hof rund 60 Ziegenkitze, überwiegend Bockkitze. Die nur wenige Tage alten Tiere erhält sie von einem befreundeten Milchziegenbetrieb aus NRW. Die Ziegenkitze werden artgerecht mit Weidehaltung aufgezogen, mit 8-12 Monaten geschlachtet und dann direkt über den Hofladen vermarktet. Wie bei Milchkühen ist auch bei Milchziegen die Produktion von Milch mit der Geburt von Kälbern bzw. Ziegenlämmern verbunden. Ein Teil der weiblichen Zicklein kann für die Nachzucht verwendet werden und bleibt auf dem Betrieb, während es für die Bockkitze in Deutschland keine Verwendung gibt. Oftmals landen sie im Tierfutter oder werden in südeuropäische Länder zur Mast transportiert. Durch die steigende Nachfrage nach heimischer Ziegenmilch in den vergangenen 10 Jahren entstanden neben den direktvermarktenden Betrieben mit Hofkäserei mit durchschnittlich 65 Ziegen zunehmend auch abliefernde Betriebe mit deutlich größeren Beständen (im Schnitt rund 220 Ziegen). Diesen Betrieben fehlt jedoch der direkte Marktzugang und gleichzeitig sehen sie sich einer deutlich größeren Zahl an Kitzen gegenüber, für die die Vermarktungsmöglichkeiten fehlen. Tatsächlich gibt es für Ziegen keinen amtlich notierten Markt, weder Handelsklassen noch Preisnotierungen und eine Ablieferung an Schlachtbetriebe zur betriebsfremden Vermarktung ist nur in wenigen Ausnahmen gegeben. Der Handel ist zögerlich in der Listung von Ziegenfleisch, da er einen schwierigen Absatz des unbekannten Produktes befürchtet. Ohne klares Vermarktungsziel besteht jedoch kaum ein Anreiz, die arbeits- und kostenintensive Aufzucht der Tiere vorzunehmen. Andererseits gibt es durchaus Feinschmecker, die das schmackhafte und milde Fleisch beispielsweise im Urlaub kennengelernt haben und bereit sind, einen entsprechenden Preis für Qualitätsfleisch zu zahlen. Für diese bedeutet es teilweise hohen Aufwand, überhaupt an diese Produkte zu kommen, da sie im regulären Handel kaum vertreten sind. So besteht neben dem erheblichen Tierleid für die überzähligen Ziegenkitze ein Dilemma für die gesamte Branche.

Als Fachberaterin für kleine Wiederkäuer bei der Bioland Beratung GmbH war Frau Manek immer wieder mit diesem Problem konfrontiert und suchte daher nach Lösungen. 2014 bis 2017 setzte sich eine Gruppe von Wissenschaftlern, zu denen auch Frau Manek gehörte, in einem von der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE) geförderten Projekt mit der Schaf- und Ziegenmilchproduktion in Deutschland auseinander: „Systemanalyse der Schaf- und Ziegenmilchproduktion in Deutschland“. Projektpartner waren die Bioland Beratung GmbH, der "BAT" Beratung Artgerechte Tierhaltung e.V., und das bundeseigene Thünen-Institut für ökologischen Landbau. In der Systemanalyse heißt es unter anderem: „Das Problem der Vermarktung der nicht als Nachzucht benötigten Kitze wurde als gravierend bewertet. Während sich die Nachfrage für Ziegenmilch gut entwickelt, fehlen leider die Lösungen für den Verbleib der männlichen und weiblichen Kitze, die nicht für die Nachzucht behalten werden. Eine Ausdehnung der Ziegenmilchproduktion wird auch zu einem wachsenden Angebot an Schlachtkitzen führen. Hierfür sind zeitnah Lösungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Verwertung dieses hochwertigen Nebenprodukts aus der Milcherzeugung zu erarbeiten und umzusetzen.“

Aus dieser Projektarbeit resultierte schließlich der Wunsch von Frau Manek, selbst aktiv zu werden und ein Modellprojekt zur Aufzucht und Vermarktung der Ziegenkitze zu initiieren.

Im Oktober 2019 konnte sie die jetzige Hofstelle, den Furth-Hof, mit 5,5 ha Grünland in Schwanewede erwerben und mit ihrem Betriebsschwerpunkt, der Aufzucht und Mast von Ziegenlämmern und deren Vermarktung im Alter von 8-12 Monaten, beginnen. Frau Manek wird bei der Aufzucht der Ziegen und beim Betrieb des Hofladens von ihren beiden Eltern unterstützt. Sie stehen ihrer Tochter auch bei der Organisation von Buchungen des an den Hofladen angrenzenden Tagungsraums zur Seite.

Nach Besichtigung der herumtollenden Ziegen im Stall und auf der Weide konnten sich die Besucher im hellen und freundlichen Ambiente des Hofladens und des Seminarraumes von der Qualität der selbst hergestellten Produkte aus Ziegenfleisch überzeugen.

Hier finden Sie weitere Informationen über den Furth-Hof.

v.l. Hendrik Schuhmacher (Landkreis Osterholz) Klaus Gerdes (Landwirtschaftskammer) Anna-Lena Hempel (ML) Jana Lindemann (Landkreis Osterholz) Gwendolyn Manek, Michaela Dämmrich (Landesbeauftragte für den Tierschutz) vor dem Hofladen   Bildrechte: ML

v.l. Hendrik Schuhmacher (Landkreis Osterholz) Klaus Gerdes (Landwirtschaftskammer) Anna-Lena Hempel (ML) Jana Lindemann (Landkreis Osterholz) Gwendolyn Manek, Michaela Dämmrich (Landesbeauftragte für den Tierschutz) vor dem Hofladen

v.l. Hendrik Schuhmacher (Landkreis Osterholz) und Michaela Dämmrich (Landesbeauftragte für den Tierschutz) im Ziegenstall bei den Bockkitzen   Bildrechte: ML

v.l. Hendrik Schuhmacher (Landkreis Osterholz) und Michaela Dämmrich (Landesbeauftragte für den Tierschutz) im Ziegenstall bei den Bockkitzen

Delikates von der Ziege zur Verköstigung serviert von Frau Manek   Bildrechte: ML

Delikates von der Ziege zur Verköstigung serviert von Frau Manek

Artikel-Informationen

erstellt am:
24.05.2022
zuletzt aktualisiert am:
31.05.2022

Ansprechpartner/in:
Geschäftsstelle der Landestierschutzbeauftragten

Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Calenberger Straße 2
30169 Hannover
Tel: 0511/120-2366

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