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Landwirtschaftsminister Meyer fordert nachhaltige Neuausrichtung der Agrarförderung

Veranstaltungsreihe „Europa, aber fair!“ startet in der niedersächsischen Landesvertre-tung in Brüssel – „Ab 2020 zwei Milliarden Euro für Tierschutz, Ökologie und kleinere Be-triebe“


HANNOVER/BRÜSSEL. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer setzt sich für einen Systemwechsel der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) ab 2020 ein. „Künftig müssen die Direktzahlungen aus Brüssel fairer verteilt und stärker an gesellschaftliche Leistungen orientiert werden“, so Meyer. „Es ist nicht gerecht, dass in der EU die 20 Prozent größten Betriebe 80 Prozent der einkommensstützenden Direktzahlungen bekommen und kleine sowie mittlere Betriebe weitgehend leer ausgehen“, sagte der Agrarminister zum Start der Veranstaltungsreihe „Europa, aber fair!“ in der niedersächsischen Landesvertretung in Brüssel.

Die Direktzahlungen als sogenannte „Erste Säule“ der EU-Agrarförderung sind bisher allein an der Flächengröße eines landwirtschaftlichen Betriebes ausgerichtet. Jährlich fließen somit etwa 5 Milliarden Euro aus Brüssel an deutsche Bauern, davon rund 780 Millionen Euro nach Niedersachsen. „Auch in Niedersachsen erhalten die größten Betriebe das meiste Geld“, kritisierte Meyer, der dieses Jahr den Vorsitz der Agrarministerkonferenz (AMK) innehat. So werde das oft beklagte Höfesterben kleinerer bäuerlicher Betriebe künstlich angeheizt. „Ziel muss daher sein, wie in Frankreich mindestens eine Milliarde Euro der Agrarzahlungen gezielt für Junglandwirte, Neueinsteiger und bäuerliche Betriebe umzuverteilen.“

Bundesagrarminister Schmidt rede immer nur über kleine Betriebe. „Aber es war Niedersachsen im Verbund mit anderen rot-grünen Ländern, das 2014 mit einem Zuschlag für die ersten Hektare bereits mehr Gerechtigkeit bei den Agrarzahlungen in Deutschland erreicht hat“, stellte der AMK-Vorsitzende klar. Dieser Umverteilungsfaktor komme mehr als 80 Prozent der niedersächsischen Betriebe zugute. Großbetriebe in Ostdeutschland müssten hingegen von den ursprünglichen Beihilfemargen etwas abgeben. Meyer: „Das zeigt die Richtung an, in die es gehen muss.“

Auch der Umweltschutz und das Tierwohl kommen beim jetzigen Fördersystem laut Meyer deutlich zu kurz. So gingen bisher die Tier- und Weidehalter weitgehend leer aus, obwohl sie die größten Anstrengungen für den nachhaltigen Umbau der Landwirtschaft zu leisten hätten. „In der neuen EU-Förderperiode ab 2020 brauchen wir dringend wirksame Anreize für Umwelt- und Tierschutz in der Agrarpolitik statt Förderung großer Agrarkonzerne“, sagte Meyer.

Seine Forderung: Mindestens eine Milliarde Euro soll bundesweit in die Honorierung von Tierschutz- und Umweltleistungen fließen, und zwar über die sogenannte „Zweite Säule“ der EU-Agrarförderung. „Das Geld kann gezielt an gesellschaftlich gewünschte Leistungen gebunden werden, sei es für mehr ökologische Vielfalt, mehr Klima- und Naturschutz oder mehr Tierwohl in den Ställen“, so Meyer. Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik (WBA) der Bundesregierung hatte kürzlich sogar dafür votiert, rund drei Milliarden Euro jährlich für den Umbau der Tierhaltung in Deutschland zu verwenden. In der Zweiten Säule der EU-Agrarförderung können die Mitgliedstaaten und Länder – etwa durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) – eigene Programme für Tierschutz, Artenvielfalt oder die Entwicklung des ländlichen Raumes auflegen. Bisher fließen lediglich etwa 20 Prozent der rund 50 Milliarden Euro umfassenden GAP-Förderung in die Zweite Säule.

Niedersachsen geht mit der neuen Stallbauförderung besonders tiergerechter Ställe und der Prämie für konkrete Tierschutzleistungen bereits neue Wege. Die niedersächsische Ringelschwanzprämie wurde jetzt bei den Gesprächen in Brüssel von Vertretern der EU-Kommission als innovativer Ansatz besonders gelobt. „Ich freue mich, dass jetzt die EU zwei weiteren neuen Tierwohlprämien bei der ELER-Förderung zugestimmt hat“, sagte Meyer. „Damit sind wir auf dem richtigen Weg“. Künftig erhalten Tierhalter in Niedersachsen jährlich 180 Euro für jede Sau, die nicht einen Großteil des Jahres in engen Kastenständen gehalten wird. Und für jedes Ferkel, dem nicht der Schwanz nach der Geburt abgeschnitten wird, erhält der Landwirt künftig zusätzlich 5 Euro. Die neue Förderung ergänzt die 2015 in Niedersachsen eingeführte und von der EU genehmigte Ringelschwanzprämie von 18,50 Euro pro Mastschwein mit intaktem Schwanz. Insgesamt hat Niedersachsen in der laufenden Förderperiode erstmals 28 Millionen Euro für mehr Tierschutz in Schweine- und Hühnerställen reserviert.

Die Agrarförderung müsse sich neu legitimieren, sagte Agrarminister Meyer in Brüssel. „Das Gesamtbudget wird durch den Ausstieg Großbritanniens aus der EU ohnehin deutlich sinken. Der Brexit mache einmal mehr deutlich, „dass die bisher praktizierte Förderung mit der Gießkanne ein Ende haben muss“, so der AMK-Vorsitzende. Meyer: „Das öffentliche Geld sollte verstärkt in eine Landwirtschaft fließen, die das Klima schützt, wieder mehr Artenvielfalt zulässt und die Tiere fair behandelt.“ All diese Dinge seien mit der bisherigen EU-Agrarpolitik nicht erreicht worden. „Im Gegenteil: Wir haben es heute mit einem verstärkten Artensterben bei Vögeln, Insekten oder Pflanzen zu tun, mit einer weitgehenden Überdüngung der Böden, mit verstärkter Bürokratie und mit einem wachsenden Höfesterben.“

  Bildrechte: ML

Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (rechts) traf in Brüssel auch Vytenis Andriukaitis, EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit; Foto Nds. Landwirtschaftsministerium

Artikel-Informationen

erstellt am:
08.06.2017

Ansprechpartner/in:
Manfred Böhling

Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Calenberger Str. 2
30169 Hannover
Tel: 0511-120 2137

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