Wie geht es dem Wald? Der heute veröffentlichte Waldzustandsbericht gibt Antworten
Forstministerin Staudte: „Klimafunktion stärken, Waldumbau weiter mit hoher Konzentration voranbringen.“
Hannover. Wie gesund ist der Wald in Niedersachsen? Der heute veröffentlichte Waldzustandsbericht zeigt ein durchwachsenes Bild. Der Mess-Faktor Nummer eins – der Verlichtungsgrad der Oberkronen – hat weiter zugenommen. Auch die Anzahl stark geschädigter Bäume lag im vergangenen Vegetationsjahr (Oktober 2024 bis einschließlich September 2025) weiterhin über dem langjährigen Durchschnitt. Die jährliche Absterberate hingegen ist gesunken und liegt minimal über dem Mittelwert. Im Ergebnis lässt sich festhalten: Die Folgen des Klimawandels setzen dem Wald weiter zu. Den Prozess des Waldumbaus hin zu klimaresilienten Mischwäldern gilt es fortzusetzen.
Hierzu Forstministerin Miriam Staudte: „Seit den 1980er-Jahren wird jeden Sommer der Waldzustand erhoben. So profitieren wir von wissenschaftlich fundierten Daten aus über 40 Jahren. Auch in diesem Jahr muss ich leider sagen, dass es dem Wald nicht gut geht und wir reden hier über einen Waldschadensbericht. Die Wälder spielen beim Klimaschutz eine bedeutende Rolle, sind aber zunehmend selbst Leidtragende der Klimakrise geworden. Dürre und Stürme setzen ihnen zu. Die Bäume werden anfälliger gegenüber einer massiven Vermehrung von Insekten und Krankheiten. Daher werde ich in meinem Haus den Waldumbau weiter voranbringen und das Ziel weiter verfolgen, seine Klimaschutzfunktion zu stärken. Im kommenden Jahr stehen dafür über 44 Millionen Euro inklusive Bundesmittel bereit. Denn gesunde und stabile Wälder schützen nicht nur unser Klima und stellen den Rohstoff Holz bereit. Sie sind gleichzeitig Heimat für unzählige Tier- und Pflanzenarten und ein Erholungsraum für uns Menschen.“
Die wichtigsten Ergebnisse der Waldzustandserhebung:
1. Wie gesund Bäume sind, zeigt sich unter anderen im Verlichtungsgrad der Oberkronen, denn Bäume reagieren auf Umwelteinflüsse unter anderem mit Änderungen in der Verzweigungsstruktur und der Belaubungsdichte. Nach dem zwischenzeitlichen leichten Absinken der Werte stieg die mittlere Kronenverlichtung in Niedersachsen für alle Baumarten und Alter auf 23 Prozent. Dieser Wert stellt das neue Maximum der bisherigen Zeitreihe dar und liegt um 6 Prozentpunkte über dem langjährigen Mittel.
2. Der Anstieg der mittleren Kronenverlichtung spiegelt sich auch im Anteil der stark geschädigten Bäume wider. Dieser stieg von 3,4 Prozent im Jahr 2024 auf 4,2 Prozent. Ein hoher Anteil stark geschädigter Bäume hat negative Auswirkungen auf die Widerstandskraft der Bestände gegenüber Stresssituationen, da sich Bäume mit hoher Kronenverlichtung nicht mehr optimal mit Wasser und Nährstoffen versorgen können.
3. Einen besseren Wert zeigt der Anteil neu abgestorbener Bäume in der so genannten Absterberate. Diese ist mit 0,23 Prozent die niedrigste seit 2019. Im Vergleich: 2023 lag die Rate bei 0,4 Prozent.
4. Witterung und Klima: Das vergangene Vegetationsjahr war insgesamt sehr warm, trocken und sonnenscheinreich – auch wenn der verregnete Juli einen anderen Eindruck vermitteln konnte. Die Trockenperiode im Frühjahr unterbrach den Erholungsprozess der Wälder von den Dürrejahren 2018 bis 2023. Die Jahresmitteltemperatur überschritt erstmalig die 11 Grad -Marke und lag um 0,3 Grad über dem Rekordwert aus dem Jahr 2023. Im Vegetationsjahr 2024/25 fielen rund 600 mm Niederschlag. Dies sind 20 Prozent weniger im Vergleich zum langjährigen Mittel und mehr als 500 mm Niederschlag weniger als im vergangenen Jahr. Damit war das Vegetationsjahr 2024/25 sogar trockener als die Jahre 2017/18 und 2018/19. Dabei fiel von Februar bis Juni nur etwas mehr als die Hälfte der sonst üblichen Niederschlagsmenge und nur die Monate Januar und Juli wiesen einen deutlichen Überschuss auf.
5. Die Folgen des Klimawandels im Wald lassen sich ebenso aufgrund von Insekten und Pilze verursachten Schäden betrachten: Zwar ging 2025 die Schadholzmenge durch rindenbrütende Borkenkäfer mit 11.649 Kubikmetern im Vergleich zum Vorjahr (27.119 Kubikmeter) weiter deutlich zurück. Bei der Kiefer jedoch trat das durch den wärmeliebenden Pilz Diplodia verursachte Triebsterben wieder als bedeutender Schadfaktor auf. Für Eichen wurden neben überwiegend nur geringem Fraß durch die Eichenfraßgesellschaft spürbare Schäden unter Beteiligung von Eichenprachtkäfern und verschiedenen Bakterienarten dokumentiert, die vor allem im Süden und Osten Niedersachsens auftraten. Für die Buche wurden weitere Fälle von komplexen Buchenerkrankungen registriert, und an Douglasien kam es vermehrt zu Schädigungen, die zumeist auf pilzliche Erreger zurückzuführen waren.
Die wissenschaftliche Untersuchung der Wälder verantwortet Dr. Ulrike Talkner als Leiterin der Abteilung Umweltkontrolle der Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA): „Der Waldzustand hat sich in diesem warm-trockenen Jahr weder merklich verbessert, noch deutlich verschlechtert. Die Betrachtung verschiedener Baumarten zeigt uns, dass ihre Reaktion auf die Klimaveränderungen unterschiedlich ausfällt – das macht einerseits Hoffnung, zeigt andererseits aber auch, dass wir unsere Bemühungen, den Klimawandel einzudämmen, intensivieren müssen, wenn wir den Wald, wie wir ihn kennen, in seiner vollen Vielfalt und Funktion erhalten wollen.“
Ministerin Staudte: „Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt liefern uns mit der Waldzustandserhebung wichtige Informationen, wie sich die Vitalität unserer Waldbäume unter dem Einfluss der Umweltbedingungen verändert. Für die Landesregierung sind diese Berichte maßgeblich, um unsere Strategie für den bereits begonnen Waldumbau hin zu klimaresilienten Wäldern weiterzuentwickeln.“
Hintergrund:
Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) ist eine gemeinsame Forschungseinrichtung der Länder Niedersachsen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der NW-FVA in Göttingen betreiben das forstliche Umweltmonitoring für ein Viertel der deutschen Waldfläche. Die Bäume werden seit dem Jahr 1984 kontinuierlich auf ihren Zustand untersucht. Das Landwirtschaftsministerium veröffentlicht gemeinsam mit der NW-FVA die Ergebnisse der langjährigen Untersuchungen im jährlichen Waldzustandsbericht. Er dokumentiert die Belastungen durch schädliche Stoffeinträge, Witterung und Klimawandel sowie durch forstschädliche Insekten und Pilze für die Wälder und die Waldböden.
Download des Waldzustandsberichts 2025:
www.ml.niedersachsen.de im Themenbereich „Wald, Holz & Jagd“ unter „Wald und Forstwirtschaft“ und auf der Seite der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt unter https://www.nw-fva.de/veroeffentlichen/waldzustandsberichte.
Hinweis
Nachfragen der Presse zu fachlichen Auskünften:
Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt Göttingen
Dr. Ulrike Talkner: ulrike.talkner@nw-fva.de, Tel. 0551 69401 248
Dr. Caroline Klinck: caroline.klinck@nw-fva.de, Tel. 0551 69401 137

