Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Niedersachsen klar Logo

Rede von Miriam Staudte, Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, zur Aktuellen Stunde „Union stoppt das Tierwohlprogramm: Rückschlag beim Stallumbau statt Planungssicherheit für die Landwirtschaft“ am 08. Oktober 2025

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 19/8591


Es gilt das gesprochene Wort


Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat am 11. September für uns alle völlig überraschend angekündigt, das sogenannte BUT, das Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung, einzustellen.


Zum Jahresende 2026 soll die Antragstellung für investive Förderung beim Stallbau beendet werden. Bei der konsumtiven Förderung wurde das Auslaufen der Betriebsanerkennung und damit die Deadline als Voraussetzung für eine Förderung bereits Ende dieses Jahres gesetzt.


Eine Entscheidung, die gelinde gesagt, sprachlos macht.

Damit wird den vielen umbauwilligen Schweinhaltern in unserem Land völlig unvorbereitet die notwendige Planungssicherheit genommen. Aus gutem Grund hat der ehemalige christdemokratische Bundeslandwirtschaftsminister Borchert die stetige und verlässliche finanzielle Unterstützung des Staates beim Umbau der Tierhaltung in den Mittelpunkt seiner Vorschläge genommen. Ich frage sie, wo bleibt hier die Verlässlichkeit und unbürokratische staatliche Unterstützung für unsere Tierhalter, die sich auf die notwendigen Veränderungen einstellen wollen?


Das Rentenbank Agrarbarometer zeigte auch: gerade die schweine- und geflügelhaltenden Betriebe haben die höchste Investitionsbereitschaft. Zumindest war das noch so, als es das Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung noch gab.


Das Ganze hat aber noch eine weitere Dimension. Die Einstellung des Bundesprogramms kam nicht nur völlig überraschend für die Tierhalter, sondern auch für die betroffenen Bundesländer. Es hat null Kommunikation mit den Ländern gegeben. So geht verantwortungsvolle Politik nicht. Man hätte doch zumindest erwarten dürfen, dass die zuständige parlamentarische Staatsekretärin – die bekanntlich aus Niedersachsen stammt – uns rechtzeitig informiert. Doch nichts dergleichen. Das ist fahrlässig und schadet den Agrarstandort Niedersachsen nachhaltig.


Niedersachsen ist das Land mit der größten Nachfrage des investiven Förderprogramms. Allein die bisher gestellten rund 80 Anträge umfassen ein Finanzvolumen von etwa 60 Millionen Euro - eine Summe, die künftig fehlt.


In unserem Land steht bei 1200 Sauenhalter:innen und Haltern der Umbau des Deckzentrums bis 2029 und der des Abferkelbereichs bis 2036 bevor. Wie soll das finanziell aufgefangen werden?


Schließlich hat Bundesminister Rainer nicht einmal bedacht, dass auch die mögliche Finanzierung im Rahmen der GAK noch längst nicht in trockenen Tüchern ist: Auch da fehlen die Mittel. Und es ist wohl kaum davon auszugehen, dass das dort veranschlagte Budget überhaupt aufgestockt wird. Eine Kompensation durch die Streichung bei anderen Maßnahmen und damit zu deren Lasten wird deshalb geradezu unvermeidlich sein. Die Mittelbereitstellung aus der GAK bliebe aber auch sowieso nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein


Und selbst wenn es zu einer Mittelaufstockung käme – die GAK muss bekanntlich zu 40 Prozent aus Landesmitteln kofinanziert werden. Woher dieses Geld bei der angespannten Haushaltslage in den Ländern kommen soll, hat Minister Rainer geflissentlich ausgeklammert.


Und schließlich stellt sich die Frage, wie die Lücke bis 2029 gefüllt werden soll. Denn solange läuft die aktuelle Förderperiode - und zwar ohne, dass darin eine Zuwendung an Schweinehalter oder Schweinehalterinnen überhaupt vorgesehen ist!


Es drängt sich der Gedanke auf, dass hier Gelder vom Tierhaltungsland Nr. 1 mit dem größten Umbaubedarf perspektivisch zu den finanzstarken Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg umgelenkt werden sollen. Länder, denen es zudem deutlicher leicht fällt landeseigene Finanzmittel für die Verbesserung der Tierhaltung bereitzustellen.


Das ist nicht mehr und nicht weniger als eine wettbewerbsverzerrende rein monetär gesteuerte Interessenspolitik gegen Bundesländer wie Niedersachsen auf Kosten der engagierten Betriebe. Und noch viel schwerwiegender: Es ist das Gegenteil von Planungssicherheit für unsere tierhaltenden Landwirtinnen und Landwirte.


Aber auch die Aussage des Bundesministers, dass das Bundesprogramm nicht gut angenommen wurde, ist schlichtweg falsch. Wie bitte sollen Landwirte Förderanträge stellen, wenn dazu eine Baugenehmigung vorliegen muss, die bekanntermaßen viele Monate, wenn nicht sogar Jahre braucht.


Ich höre, dass so manch ein Betrieb hat sich in den letzten Monaten bereits auf den Weg gemacht und längst eine große Summe für Gutachten und andere Vorarbeiten in die Hand genommen. Das alles war nun für viele Betriebe völlig umsonst.


Dieses Vorgehen des Bundesministers trägt bestimmt nicht dazu bei, das Vertrauen in die Politik auch nur ansatzweise zu stärken. Im Gegenteil – man kann nur festhalten: Bundesminister Rainer verunsichert mit seinem unabgestimmten Vorgehen eine ganze Branche bis ins Mark. (tritt die Forderungen der Landwirte mit Füßen).


Genau aus diesen Gründen habe ich daher das Thema unter Verweis auf die große Dringlichkeit auf die Tagesordnung der AMK setzen lassen. Und es wundert kaum, dass weite Teile der Wirtschaft und viele meiner Amtskollegen meine Einschätzung geteilt und in großem Einvernehmen eine alternative Finanzierungmöglichkeit durch den Bund gefordert haben. Und zwar in Abstimmung mit den Ländern.


Zudem habe ich gemeinsam mit den Kollegen aus Bremen und Hamburg ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass Bundesminister Rainer durch sein leichtfertiges Handeln einen weiteren und unwiederbringlichen Vertrauensverlust in die Politik zu verantworten hat. Ein Vertrauensverlust, der nur einer politischen Gruppe in die Arme spielt, die sich aus der Verunsicherung der Menschen nährt: die der radikalen Parteien an den politischen Rändern!


Es bleibt also die bittere Erkenntnis, dass Minister Rainer offensichtlich in den Haushaltsverhandlungen wenig erreicht hat und ihm kein finanzieller Gestaltungsspielraum für den Umbau der Tierhaltung zugestanden wurde. Außer den Mitteln für die klimapolitisch mehr als fragwürdigen Gasölbeihilfe hat die Branche von ihm offensichtlich nichts weiter zu erwarten.


Was bleibt ist eine Bankrotterklärung auf ganzer Linie und die Erkenntnis, dass die Personalie Rainer offensichtlich eine drastische Fehlentscheidung war und im Bundeslandwirtschaftsministerium Planlosigkeit und Chaos regiert. Kompetenz geht anders!


Mit Blick nach vorne, es ist daher jetzt umso wichtiger, dass das bereits seit August 2023 in Kraft getretene Tierhaltungskennzeichengesetz nicht auch noch einkassiert, sondern im Laufe der Legislaturperiode sinnvoll ausgebaut und erweitert wird. Damit schweinehaltende Betriebe mit besserer Haltungsformen und Schlachter ihre höheren Kosten besser als bisher über den Markt hereinholen können. Damit wäre zumindest ein Baustein des Borchert-Konzepts umgesetzt.


Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!


Artikel-Informationen

erstellt am:
08.10.2025
zuletzt aktualisiert am:
09.10.2025

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln