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Agrarminister Meyer auf der Biofach: Bund muss sich für Stopp der EU-Öko-Reform einsetzen

„Zumutung für unsere Bio-Bauern“ – Niedersachsen stark auf der Biofach-Messe vertreten


HANNOVER/NÜRNBERG. Der diesjährige Vorsitzende der Agrarministerkonferenz (AMK) aus Bund und Ländern, Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer, verlangt vom Bund, „endlich Farbe zu bekennen“ und sich auf EU-Ebene für den sofortigen Stopp der seitens der EU-Kommission geplanten Reform der Ökoverordnung einzusetzen. „Der aktuelle Schwebezustand ist eine Zumutung für unsere Bio-Bauern“, sagte der AMK-Vorsitzende heute (Donnerstag) bei seinem Rundgang auf der als Weltleitmesse für Naturkost geltenden „Biofach“ in Nürnberg.

Es sei nun einmal Tatsache, „dass die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen Europäischem Rat, EU-Parlament und EU-Kommission gescheitert sind, weil die Positionen zu der anvisierten Reform meilenweit auseinander liegen“, so Meyer. So sei es etwa „ein Unding“, dass die Kommission laut der von ihr geplanten Novelle allen Ernstes hinter aktuellen Tierschutz-Anforderungen zurückfalle und im Ökolandbau das Schnabelkürzen bei Legehennen wieder zulassen wolle. Meyer: „In Niedersachsen haben wir – in Einklang mit den Hühnerhaltern und der Geflügelwirtschaft – seit Anfang des Jahres genau das Gegenteil auf den Weg gebracht: Die Schnäbel der Legehennen müssen intakt bleiben.“ Ebenso heftig kritisierte Niedersachsens Agrarminister „die völlig vagen Vorgaben“ beim künftigen Umgang mit Ökosaatgut. „Und abstrus ist auch das Ansinnen, durch eine Änderung der Kontrollabläufe gewissermaßen das Verursacherprinzip umzukehren, so dass ein Bio-Bauer für Verstöße – etwa bei Rückständen von Pflanzenschutzmitteln – haftbar gemacht werden könnte, für die er nichts kann.“

Meyers Bewertung der Brüsseler Pläne: „Untauglich“. Die von der Kommission angepeilte „Totalrevision“ der erst 2009 erneuerten EU-Ökoverordnung sei „überflüssig wie ein Kropf“. Zwar müsse in bestimmten Bereichen wie Saatgut, Geflügelhaltung sowie Quantität und Qualität von Kontrollen nachgebessert werden. „Das heißt doch aber nicht, eine gerade reformierte, weitgehend konsistente und auch seitens der Wirtschaft akzeptierte Bioverordnung auf den Kopf zu stellen“, kritisierte der Agrarminister. „Wenn Herr Schmidt diesem Vabanque-Spiel nicht bald ein Ende bereitet, wird er nicht nur als Zauderminister in die Geschichte eingehen, sondern auch in unverantwortlicher Weise das aufs Spiel setzen, was er ja selbst immer wieder gerne betont: das enorme Potenzial des Ökolandbaus“, sagte Niedersachsens Agrarminister.

Es sei „ganz und gar unzulänglich“, wie Schmidt zu Beginn der diesjährigen „Biofach“ wohlfeile Versprechungen und ein jährliches 30 Millionen-Füllhorn für den Ökolandbau anzukündigen, „aber vor Brüssel einzuknicken“. Meyer: „Besser wär's, er würde sich mal um die tatsächlichen Sorgen der Bio-Landwirte kümmern – und vor allem um die Bauern, die von der konventionellen auf die ökologische Landwirtschaft umstellen wollen.“ So lange diese Interessenten nicht wüssten, wie es weitergehe, bringe auch die Schmidt'sche Zukunftsstrategie den ökologischen Landbau „keinen Deut weiter“. Und: „Mehrere Agrarministerkonferenzen, zuletzt im vergangenen Jahr in Rostock-Warnemünde, haben dem Bundeslandwirtschaftsminister einstimmig und unmissverständlich klar gemacht, dass er sich für das Aus der geplanten Ökoreform einsetzen soll. Aber er rührt sich nicht.“

Meyer bedauerte diese Entwicklung „zutiefst“. Das Ganze sei umso tragischer, „da der Ökolandbau längst bewiesen hat, dass er keineswegs, wie von Kritikern oft spöttisch behauptet wird, ein Nischenprodukt ist“. Das Gegenteil sei der Fall. Bio-Landwirtschaft sei „der Beweis, dass Ökologie und Ökonomie zwei Seiten einer Medaille sein können“. Meyer wies darauf hin, dass im vergangenen Jahr bundesweit im Lebensmittelmarkt mehr als neun Milliarden Euro mit Bio-Lebensmitteln umgesetzt worden seien. „Bio bleibt ein Boom-Markt“, so der Minister. Zugleich müsse es Ansporn für Wirtschaft und Politik sein, „die steigende Nachfrage nach Bio-Produkten durch regionale Herstellung zu decken, statt Ware aus dem Ausland zu importieren“. Das zeige aber zugleich, „welches Potenzial Bio hat“.

Seit dem Start der rot-grünen Landesregierung im Jahr 2013 habe Niedersachsen bewiesen, „dass im Ökolandbau etwas zu bewegen ist. Man muss es nur wollen“, so Meyer. Einen Beitrag zum Bio-Boom von der Küste bis zum Solling werde sicher auch der jüngst aus der Taufe gehobenen ,Aktionsplan Ökolandbau' leisten – ebenso wie die Schritt für Schritt erhöhten Förderprämien für Bio-Bauern, „damit wir das Engagement derjenigen honorieren, die sich besonders um Tier-, Natur- und Umweltschutz verdient machen“, sagte der Minister. „Für die Umstellung von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft soll es bald 403 Euro pro Hektar geben, für die Beibehaltung 273 Euro pro Hektar. Niedersachsen ist bei der Öko-Förderung deutschlandweit vom Schlusslicht in die Spitzengruppe aufgestiegen.“ Ziel sei, die Zahl der Ökobetriebe in Niedersachsen bis 2025 zu verdoppeln.

Schon die bisherige Bilanz kann sich sehen lassen: Allein im Jahr 2016 haben rund 170 Betriebe ihre Produktion auf Ökolandbau umgestellt – so viele wie lange nicht mehr. Und überdies auf einer Fläche von mehr als 10.000 Hektar. Bemerkenswert insbesondere: Rund 50 Umsteller sind Milchviehbetriebe, die auf diese Weise hoffen, einem ruinösen Preisdumping zu entkommen. Mittlerweile sind zwar die Literpreise für konventionell erzeugte Milch auf rund 30 Cent wieder etwas angestiegen; die Kluft zum Literpreis für Biomilch in Höhe von etwa 50 Cent ist jedoch immer noch riesig. Derzeit gibt es in Niedersachsen rund 1.700 Biobetriebe. Meyer: „Das sind 300 Öko-höfe mehr als noch vor fünf Jahren.“ Und noch etwas freut den Minister außerordentlich: „Fast die Hälfte der bundesweit erzeugten Bio-Äpfel kommen aus Niedersachsen, jedes zweite Bio-Ei in Deutschland stammt von hier. Und jüngste Zahlen zeigen, dass 2016 weit mehr als zwei Millionen Bio-Legehennen in Niedersachsen gehalten wurden – eine Steigerung um rund 11,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.“

Dieses Jahr werden auf der Biofach-Messe, die zusammen mit der Naturkosmetik-Messe Vivaness veranstaltet wird, rund 2.800 Aussteller aus fast 90 Ländern sowie nahezu 50.000 Besucher erwartet. Niedersachsen ist mit einem eigenen Stand in Halle 6 vertreten; mit dabei sind neben den 16 Unternehmen und Organisationen am Stand noch andere niedersächsische Aussteller mit eigenen Messe-Auftritten. Insgesamt präsentieren ungefähr 60 Firmen der niedersächsischen Bio-Branche ihre Produkte – von Mühlenprodukten aus heimischem Getreide und Säften aus regionalem Obst über exotisch anmutende, aber gleichwohl in Niedersachsen angebaute Kulturen wie Topinambur bis hin zu Quinoa, das auch „Gold der Inka“ genannt wird.

Niedersachsen ist 2017 Teil eines besonderen Gesamtkonzeptes der Messe. Denn die aktuelle „Biofach“ präsentiert Deutschland unter dem Motto „Bio schafft Zukunft“. Niedersachsen setzt mit einem eigenen Slogan Akzente: „Mehr Bio aus Niedersachsen – für Umwelt, Tierwohl und Menschen“. Bei seinem Besuch des Niedersachsen-Standes machte sich Minister Meyer ein Bild davon, dass die heimischen Bio-Betriebe einiges zu bieten haben. „Die Vielfalt ist überragend“, so der Agrarminister, der nicht nur das vom Land in vielen Projekten geförderten Kompetenzzentrum Ökolandbau besucht, sondern auch Halt machte bei den Unternehmen Ölmühle Solling, Rolker Ökofrucht, Elbe Obst sowie Marschland Naturkost und der Öko-Kontrollstelle Gesellschaft für Ressourcenschutz. Außerdem standen Gespräche mit Anbauverbänden wie Bioland, Demeter und Naturland auf dem Programm. Zum Abschluss bestimmte erneut die von Brüssel geplante Revision der Ökoverordnung die Agenda: Unter dem Titel „Das neue Bio-Recht: Hängepartie oder Fortschritt?“ lud der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft unter anderem Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer und Vertreter des Bundesagrarministeriums zu einer Podiumsdiskussion ein – kontroverse Debatten nicht ausgeschlossen.

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Fruchtig und regional: Mit Biosaft aus Niedersachsen kamen Agrarminister Christian Meyer und Messe-Geschäftsführer Roland Fleck (von links) auf der Biofach-Messe zu einem Plausch zusammen.
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Am Stand des Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen (KÖN) in Halle 6 startete Agrarminister Christian Meyer seinen Rundgang auf der als weltgrößte Messe für Naturkost geltenden "Biofach" in Nürnberg.
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Klingt exotisch, wächst in Niedersachsen: Am Stand des Betriebs Topina plaudern Geschäftsführer Gerhard Cordes (links) und Agrarminister Christian Meyer über die Pflanze Topinambur. Das Wurzelgemüse zählt zur Gattung der Sonnenblume.
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Markenzeichen aus Niedersachsen: Agrarminister Christian Meyer zu Gast am Stand von "beckers bester GmbH" und den Mitarbeitern Alexander Baldus, Jonathan Kreis und Jonas Weißel (von links).
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Prosit! Bei seinem Rundgang auf der Biofach-Messe trinkt Agrarminister Christian Meyer (links) am Stand der Firma Friedrich Lütvogt zusammen mit Vertriebsleiter Thomas Humann einen Rhabarbersaft.
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Mit Biss: Agrarminister Christian Meyer (Mitte) mit dem Geschäftsführer der Elbe Obst-Vertriebsgesellschaft, Frank Döscher (links), sowie Obstbauer Heinrich zum Felde
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Heimspiel: Agrarminister Christian Meyer (zweiter von links) macht Halt beim Stand der Ölmühle Solling, einer familiengeführten Manufaktur für Bio-Ölspezialitäten aus dem Weserbergland, woher auch der Minister stammt.

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.02.2017

Ansprechpartner/in:
Klaus Jongebloed

Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Calenberger Str. 2
30169 Hannover
Tel: 0511-120-2095
Fax: 05 11/1 20-23 82

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