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Niedersachsen Agrarland Nr. 1 und Biogasland Nr. 1

„Mehr Nahrungs- und Futtermittel oder mehr Bioenergie ?“ 5. Gesprächsforum Agrar- und Ernährungswirtschaft zu Gast bei der IHK Hannover.


Hannover. Am 27. August 2007 diskutierten im Rahmen des 5. Gesprächsforums "Agrar- und Ernährungswirtschaft Niedersachsen" Spitzenvertreter der niedersächsischen Agrar- und Ernährungsindustrie mit Ministerpräsident Wulff, Landvolkpräsident Hilse und Landwirtschaftsminister Ehlen über die Nutzung landwirtschaftlicher Rohstoffe für Bioenergie und Nahrungsmittel.

Mit Prof. Dr. Folkhard Isermeyer (Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, Braunschweig), Dr. Andreas von Felde (KWS-Saat AG) und Paul-Heinz Wesjohann (PHW-Gruppe, Rechterfeld) waren drei prominente Referenten aus Niedersachsen für die Themen "Bioenergie und Rohstoffe" (Dr. F. Isermeyer), "Energiepflanzen – Züchtungsergebnisse und Marktchancen" (Dr. A. v. Felde) und "Bioenergie und Nutztierhaltung – Kampf um Fläche und Futtermittel" (P.-H. Wesjohann) gewonnen worden.

Ministerpräsiden Wulff sagte bei seinen Begrüßungsworten im Plenarsaal der IHK Hannover, er freue sich über die derzeitigen Einkommensverbesserungen in der Landwirtschaft. Als Folge der weltweiten Verknappung landwirtschaftlicher Rohstoffe und neuer Einnahmequellen im Bereich der Bioenergie könne die Landwirtschaft optimistisch in die Zukunft blicken. Gleichzeitig zeigte er Verständnis für die Sorgen der Nahrungsmittelindustrie wegen der Verteuerung von Agrarprodukten. Das 5. Gesprächsforum habe die Aufgabe, den komplexen Gründen und Zusammenhängen nachzugehen und deren Folgen zu diskutieren.

Zu den Einkommenszuwächsen bemerkte Landvolkpräsident Hilse, sie seien wegen der verteuerten Betriebsmittel, z.B. Kunstdünger und Kraftstoff, zu relativieren. Er wünsche sich weitere Bilanzerfolge. An das Auditorium aus 60-70 Gästen gewandt, meinte er, das Gesprächsforum habe sich inzwischen als Plattform für einen offenen Dialog zwischen Agrar- und Ernährungswirtschaft und Politik Niedersachsens bewährt. Er ermunterte die Wirtschaftsbeteiligten, das Forum auch dieses Mal zum Meinungsaustausch und zur Politikberatung intensiv zu nutzen.

Staatssekretär Ripke eröffnete die Fachvorträge mit einem Bericht über den aktuellen Stand (2007) der Biogasanlagen und des Energiepflanzenanbaues in Niedersachsen. Niedersachsen sei das Biogasland Nr. 1 und liefere mit ca. 700 Biogasanlagen und einer installierten elektrischen Leistung von ca. 350 MW fast 40% des deutschen Biogasstroms.

Es gäbe auf rd. 10% der Ackerfläche Niedersachsens Energiepflanzenanbau, das sind etwa 200 Tsd. ha. Davon seien 110 Tsd. ha Mais für Biogasanlagen und 65 Tsd. ha Raps zur Biodieselerzeugung. Auf 90% der niedersächsischen Ackerflächen würden Nutzpflanzen zur Nahrungsmittelproduktion angebaut. 2008 würden die Stilllegungsflächen für die Nahrungsmittelherstellung wieder zur Verfügung stehen. Ziel sei es, die Ertragsfähigkeit von Energiepflanzen züchterisch zu steigern und bisher nicht genutzte Pflanzenarten, z.B. Süßgräser (Poaceae) wie Hirse, als Energieträger zu generieren.

Dr. von Felde referierte über die Züchtungsarbeiten der KWS-Gruppe. Danach be-stehen gute Aussichten für eine erhebliche Steigerung des Trockenmasseertrages von Biogaspflanzen zur Optimierung ihres Methanertrages und für die Verbesserung ihrer chemischen Eigenschaften. Gleichzeitig würde die Anbaueignung von Alternativkulturen für Biogas, z. B. Hirse, Sonnenblumen oder Winterroggen, vorangetrieben.

Bioenergiepolitik überdenken

Prof. Isermeyer von der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig forderte eine Überprüfung der bisherigen Bioenergiepolitik in Deutschland. Einerseits könne man auf der deutschen Agrarfläche mit Bioenergie nur 7% des Energieverbrauches decken, andererseits werde Energie aus nachwachsenden Rohstoffen nachhaltige Konkurrenz durch Solar- und Windenergie bekommen. Mit Blick auf Biogas als neue, aber risikoreiche Einkommensquelle der Landwirtschaft und die jüngsten Preisentwicklungen bei den Agrarprodukten meinte Prof. Isermeyer, die Landwirtschaft werde auch ohne diese Anlagen vom Sog der globalen Energiemärkte profitieren.

Auch Paul-Heiz Wesjohann, Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe mit Sitz in Rechterfeld, Lk Vechta, bejahte die zentrale Bedeutung regenerativer Energien. Er mahnte aber wie Prof. Isermeyer eine Neuorientierung der deutschen Bioenergiepolitik an. Unter dem Druck erheblich gesteigerter Rohstoff- und Energiekosten erhofft sich Wesjohann aus der Sicht seines Unternehmens insbesondere Kostenersparnisse durch Abbau der Einspeisevergünstigungen biogener Energieträger in das öffentliche Stromnetz, durch den Fortfall von Steuerermäßigungen für Biotreibstoffe sowie durch eine Entspannung der Pachtpreise landwirtschaftlicher Nutzflächen in der Veredlungsregion Niedersachsens.

Miteinander reden, gemeinsam handeln

Die Diskussion, moderiert von Dr. Schmidt, Geschäftsführer der Marketing Gesellschaft der niedersächsischen Agrar- und Ernährungswirtschaft e.V., dominierten nachdenkliche Beiträge. Die komplexen Wechselwirkungen der Energie- und Agrarmärkte erforderten gemeinsames Handeln der Land- und Ernährungswirtschaft, sagte Landvolkpräsident Hilse am Schluss des Gesprächsforums. Man werde Wertschöpfende Optionen durch Bioenergie weiter nutzen, aber hauptsächlich auf Nahrungsmittelproduktion setzen als Kernkompetenz der Landwirtschaft.

Biogasanlage

Artikel-Informationen

erstellt am:
26.02.2010

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