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Mehr Tierschutz im Schweinestall braucht Honorierung für Landwirte


Minister Meyer fordert staatliche Tierschutzkennzeichnung

Hannover. Anlässlich eines Besuchs konventioneller Schweinehaltungsbetriebe forderte Niedersachsens Agrar- und Verbraucherschutzminister Christian Meyer heute (Donnerstag) eine klare und erweiterte Kennzeichnung tierischer Produkte. „Seit dem 1. April 2015 müssen EU-weit Schnitzel und Steaks mit dem Herkunftsland gekennzeichnet werden. Gut wäre, wenn die Verbraucher auch über die konkrete Haltungsform der Schweine informiert würden, um eine echte Wahlfreiheit zu haben.“

Minister Meyer besuchte zwei Betriebe in der Lüneburger Heide, die Fleisch für das Label des Deutschen Tierschutzbundes produzieren. Sie bieten den Tieren dadurch deutlich mehr Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten, und verzichten etwa auf das betäubungslose Kastrieren. Meyer bezeichnete das zweistufige, freiwillige Tierschutzlabel als sinnvollen Schritt, da es echte Tierschutzleistungen von Landwirten kennzeichne und honoriere. „Die Tierschutzleistungen von Wirtschaft und Landwirten sind sehr zu begrüßen. Ich teile aber die Auffassung des Deutschen Tierschutzbundes und des Sachverständigenrates für Agrarfragen, dass eine staatliche Kennzeichnung nach der Haltungsform - wie bei Eiern - auch bei Fleisch für noch mehr Tierschutz im Schweinestall sorgen würde.“

Minister Meyer nannte dabei die Kriterien des Tierschutzlabels als „sehr übernahmefähig“ für die Arbeitsgruppe der Agrarminister der Länder, die zurzeit eine konkrete Tierschutzkennzeichnung erarbeitet. Vergleichbar mit den Eiern könne dabei die „Drei“ für den gesetzlichen Mindeststandard stehen, die „Zwei“ etwa für 30 Prozent mehr Platz im Stall, zusätzliches Beschäftigungsmaterial und den Verzicht auf das Schwänzeabschneiden, mit „Eins“ würde die Haltung auf Stroh und mit Auslauf (konventionelle Freilandhaltung) markiert und die „Null“ stünde für den gesetzlich definierten Biostandard.

Meyer zeigte sich überzeugt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend wissen wollen, nicht nur wo, sondern auch wie das Schwein gehalten wurde, dessen Fleisch sie essen. Die gestartete Tierwohl-Initiative des Handels sei nur ein erster Schritt zur Honorierung von Mehrleistungen von Landwirten. Es fehle die klare Kennzeichnung, so dass der Verbraucher auch durch sein Kaufverhalten - wie bei Eiern - Standards setzen kann. „Nur wenn sie die Haltungsform auf einen Blick erkennen können, haben die Verbraucher eine echte Wahlmöglichkeit“, so Meyer. „Zurzeit wird in der Werbung oft eine tierschutzgerechte Haltung wie in Bullerbü vorgegaukelt. Die Realität der industriellen Schweinehaltung sieht aber deutlich anders aus.“

Mit seinem Besuch auf den konventionell wirtschaftenden Höfen würdigte der Minister das Engagement der Landwirte und ihr Eintreten für mehr Tierschutz im Schweinestall. „Ich freue mich über die hohe Bereitschaft und das Interesse von Landwirten, gemeinsam an Verbesserungen der Tierhaltung zu arbeiten. Diese ausgestreckte Hand nehme ich gerne an und weiß das zu würdigen. Unsere Tierhalter gehören nicht in die Schmuddelecke, sondern können mit Stolz und mit ihrer Erfahrung dabei helfen, mehr Tierschutz in der konventionellen Schweinehaltung zu verwirklichen.“

Das Land Niedersachsen hat die Mittel für den Tierschutzplan erheblich aufgestockt und wird erstmalig nicht nur tierschutzgerechte Ställe, sondern auch praktische Verbesserungen in der Haltung finanziell erheblich fördern. Dies kann zusammen mit einer verbesserten Kennzeichnung einen echten Wandel in der Tierhaltung in Niedersachsen bewirken. Das sei auch in der Legehennenhaltung gelungen, sagte Meyer. „Bei Bio- und Freilandeiern ist Niedersachsen schon deutschlandweit führend, die Käfighaltung ist ein Auslaufmodell“, so der Minister.

Seit Einführung der Kennzeichnungspflicht stammen 90 Prozent der losen Eier nicht mehr aus Käfighaltung.Auch in Niedersachsen werden schon deutlich mehr Hühner im Freiland als im Käfig gehalten, und diese sowohl ökologisch als auch konventionell. Bei verarbeiteten Eiprodukten wie Nudeln oder Backwaren stammt die Mehrheit der verwendeten Eier jedoch aus dem Ausland und damit meist von Hühnern mit schlechten Tierhaltungsbedingungen im Käfig. „Daher ist eine Ausweitung der Kennzeichnung auf alle tierischen Produkte ein wichtiges Instrument für mehr Wahlfreiheit und die Durchsetzung von mehr Tierschutz im Stall“, so der Minister.

„Auch in der Schweinehaltung will Niedersachsen Vorbild für andere sein.“ Die besuchten Betriebe bieten ihren Schweinen bei der Einstiegsstufe des Tierschutzlabels etwa um die Hälfte mehr Platz im Stall als gesetzlich vorgeschrieben, zusätzliches Beschäftigungsmaterial, eine Strukturierung der Buchten, zusätzliche Stroheinstreu etc. Zusammen mit wissenschaftlicher Unterstützung sollen diese Betriebe jetzt beim Ausstieg aus dem Abschneiden der Ringelschwänze fachlich begleitet und gefördert werden.

Die große Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher wolle mehr Tierschutz nicht nur im Schweinestall, so Minister Meyer. „Die vielen Betriebe, die an einer Verbesserung des Tierschutzes mitarbeiten wollen, dürfen aber nicht allein gelassen werden. Deshalb sage ich ganz klar: Mehr Tierschutz kostet Geld.“ Daher setze das Land auf eine attraktive Mischung aus Beratung, Freiwilligkeit und Honorierung.

Auch der Wissenschaftliche Beirat Agrarpolitik der Bundesregierung habe kürzlich eine grundlegende Wende in der Tierhaltung gefordert. Ausdrücklich wurden dabei der niedersächsische Tierschutzplan und die neuen Tierschutzprämien des Landes in Höhe von insgesamt 28 Millionen Euro für eine bessere Haltung von Schweinen und Legehennen gelobt. Minister Meyer: „Bun-desagrarminister Schmidt sollte jetzt nichts Neues anfangen, sondern den niedersächsischen Tierschutzplan als Roadmap für den Bund übernehmen. Das ist auch eine Forderung der niedersächsischen Agrarwirtschaft, die erfreulicherweise anerkannt hat, dass mehr Tierschutz eine Chance für mehr gesellschaftliche Akzeptanz und für Wirtschaftlichkeit der Nutztierhaltung in Niedersachsen sein kann. Dabei wollen wir sie intensiv unterstützen.“

Um ein solches Umbauprogramm wettbewerbsgerecht durchzuführen, solle der Bund - wie vom Wissenschaftlichen Beirat gefordert - weitere Gelder von der sogenannten ersten Säule (Betriebsprämien) in die zweite Säule der EU-Agrarförderung (Förderung ländlicher Räume) gezielt für Tierschutzprämien umleiten, forderte Meyer. Niedersachsen mache dies schon in erheblichem Umfang, aber mehr Unterstützung vom Bund und ein einheitliches Vorgehen von Bund und Ländern sei sinnvoll. Der Landwirtschaftsminister erhob eine klare Forderung: „Statt Agrarförderung mit der Gießkanne sollten gezielt gesellschaftliche Leistungen von Landwirten honoriert werden. Das wäre sinnvoll angelegtes Steuergeld und damit ein Beschleunigungsprogramm für die sanfte Agrarwende - zusammen mit Fleischwirtschaft und Landwirten.“

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
09.04.2015

Ansprechpartner/in:
Manfred Böhling

Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Calenberger Str. 2
30169 Hannover
Tel: 0511-120 2137

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