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Antwort auf die Kleine Anfrage „Nutzung von im öffentlichen Eigentum befindlichen Wegerandstreifen - Unter welchen Voraussetzungen kann eine Nutzung als Ausgleichsfläche erfolgen?“

Die Abgeordnete Renate Geuter (SPD) hatte gefragt:

An vielen Orten in Niedersachsen ist festzustellen, dass in den letzten Jahren die im öffentlichem Eigentum befindlichen Wegerandstreifen ganz oder teilweise umgepflügt worden sind und landwirtschaftlich genutzt werden. Dies hat auch die Gemeinde Sögel im letzten Jahr feststellen müssen, als sie alle in öffentlichem Eigentum befindlichen Flurstücke von Wegen und Gräben kartenartig erfasst hat. In nicht unerheblichem Umfang waren Ackerrandstreifen umgepflügt und als zusätzliche Ackerfläche in Anspruch genommen worden.

Allerdings haben in der Vergangenheit viele Städte und Gemeinden diesen Zustand auch stillschweigend geduldet, weil sie damit der Verpflichtung enthoben waren, selbst einen ordnungsgemäßen Zustand der Wegerandstreifen herzustellen. Inzwischen gibt es an mehreren Stellen in Niedersachsen Projekte, derartige Wegerandstreifen mit mehrjährigen Blühstreifen zu versehen oder mit standortgerechten Sträuchern aufzupflanzen.

Es stellt sich auch immer wieder die Frage, unter welchen Voraussetzungen derartige Wegerandstreifen als Ausgleichs- bzw. Kompensationsflächen dienen können.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Verpflichtung ergibt sich für die öffentlichen Eigentümer im Hinblick auf die Pflege und Erhaltung von Wegerandstreifen, und ist es rechtlich vertretbar, diese auch ganz oder teilweise für eine landwirtschaftliche Nutzung zuzulassen?

2. Welche Vorgaben müssen bei dem Anlegen von Blühstreifen bzw. bei der Bepflanzung mit Sträuchern auf Wegerandstreifen eingehalten werden?

3. Unter welchen Voraussetzungen können Wegerandstreifen auch für Ausgleichs- bzw. Kompensationszwecke eingesetzt werden?

Christian Meyer, niedersächsischer Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, beantwortet die Anfrage namens der Landesregierung:

Zu 1:

Eine mögliche Verpflichtung öffentlicher Eigentümer von Wegerandstreifen zur Pflege und Erhaltung dieser Randstreifen ergibt sich aus dem im Einzelfall anzuwendenden Fachrecht. Dazu bedarf es stets einer Einzelfallprüfung der örtlichen Verhältnisse und der daraufhin folgerichtig anzuwendenden Normen (insbesondere Naturschutzrecht, Straßenrecht, Bauplanungsrecht). Nur soweit aus diesen Rechtsbereichen keine Verpflichtungen für eine bestimmte Nutzung bestehen und sich auch aus den Planfeststellungsbeschlüssen zur Errichtung der Straßen und Wege keine konkreten Nutzungsarten ergeben, wären - soweit es sich um kommunale Straßen und Wege und somit um Eigentum der öffentlichen Hand handelt - die Kommunen befugt, im Rahmen ihrer Eigentumsrechte über diese Flächen zu verfügen. Ob diese Wegerandstreifen dann einer konkreten Nutzung zugeführt werden, entscheidet die jeweils zuständige Kommune im Einzelfall.

Zu 2:

Im Falle von Wegerandstreifen ist zu beachten, dass auf diesen Flächen wie auf allen Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand gemäß § 2 Abs. 4 BNatSchG „die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigt werden“ sollen. Bei Beachtung dieser grundlegenden Verpflichtung dürften die verbleibenden ökologischen Aufwertungspotentiale von Wegerandstreifen eher gering sein.

Wegerandstreifen stellen sich zumeist als naturbetonte Biotope mit einer gewissen Vielfalt auch blühender Pflanzen dar. Unter Blühstreifen werden hingegen Ackerrandstreifen (also Teile bewirtschafteter Flurstücke) verstanden, auf denen eigens bestimmte Pflanzen aus Erwägungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ausgesät werden. Eine Umgestaltung von Wegerandstreifen zu in diesem Sinne definierten Blühstreifen ist insofern nicht sinnvoll.

Zu 3:

Wegerandstreifen im Eigentum der öffentlichen Hand kommen nur unter bestimmten Umständen als Standort für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Frage. Dazu müssen die Randstreifen – wie generell Flächen, auf denen solche Maßnahmen durchgeführt werden sollen – aufwertungsfähig und aufwertungsbedürftig sein. Es sollte erwartet werden können, dass solche Randstreifen schon aus sich heraus naturbetonte Flächen darstellen. Als solche haben sie eine besondere Funktion für die Erhaltung der Biodiversität.

Eine Bepflanzung mit Gehölzen kommt auf Wegerandstreifen nur in Frage, wenn diese eine ausreichende Breite aufweisen und die Gehölze vor Verkehr und Bodenbearbeitung gesichert sind. Eine Bepflanzung ist aber auch dann nicht in jedem Fall sinnvoll, weil der Wert der Randstreifen z. B. für bestimmte Tier- und Pflanzenarten gerade daran bestehen kann, dass diese Streifen nicht mit Gehölzen bewachsen sind. Auch hier stellt sich insofern die Frage nach der Aufwertungsfähigkeit der Randstreifen.

Die Identifizierung und Rückgabe widerrechtlich in die landwirtschaftliche Nutzung einbezogener Randstreifen kann nicht als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme anerkannt werden, weil diese Randstreifen entschädigungslos zurückgefordert werden können und sich ohne besondere Maßnahmen selbst begrünen und zu naturbetonten Biotopen entwickeln können.

Artikel-Informationen

erstellt am:
27.09.2013

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