Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Niedersachsen klar Logo

Landwirtschaftsminister Meyer: Aus Krisen lernen und mit einer bundesweiten Agrarwende positive Impulse für Tierwohl, Ökolandbau und Ressourcenschutz setzen

„2017 wird ein entscheidendes Jahr für die Landwirtschaft” – Niedersachsen übernimmt Vorsitz der Agrarministerkonferenz


Hannover. Im Super-Wahljahr 2017 mit drei Urnengängen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen sowie der Bundestagswahl im Herbst und bei der anschließenden Landtagswahl in Niedersachsen Anfang 2018 dürfte die Agrarpolitik eine gewichtige Rolle spielen. Niedersachsen fällt dabei als Agrarland Nr.1 in Deutschland eine besondere Bedeutung zu: 2017 übernimmt es turnusgemäß den Vorsitz der Agrarministerkonferenz (AMK) von Bund und Ländern, die zweimal zusammenkommt – im März in Hannover und im September in Lüneburg. „2017 wird ein entscheidendes Jahr für die Landwirtschaft“, sagte Agrarminister Christian Meyer heute (Dienstag) bei der Auftaktpressekonferenz in Hannover. „Wir müssen aus den Krisen lernen und bundesweit mit einer sanften Agrarwende positive Impulse für Tierwohl, Ökolandbau und Ressourcenschutz setzen. Da kann man viel von Niedersachsens erfolgreichem Weg lernen.“

Als diesjähriger AMK-Vorsitzender werde er sich dafür einsetzen, dass Bund und Länder mit der rechtsverbindlichen Umsetzung einer gemeinsamen nationalen Tierwohlstrategie „endlich Nägel mit Köpfen machen“. Meyer: „Landwirte brauchen Planungssicherheit.“ Daher sei ein nationaler Agrarkonsens für die den gesellschaftlichen Anforderungen entsprechende Weiterentwicklung der Tierhaltung notwendig. Um die Landwirte für deren Einsatz beim Tierwohl besser zu honorieren, sei „eine verbindliche nationale Tierschutz-Kennzeichnung, und nicht schon wieder eine Freiwilligen-Initiative à la Bundesagrarminister Christian Schmidt notwendig“. Die Agrarministerkonferenz habe für eine solche Pflichtkennzeichnung einen konkreten Vorschlag gemacht, den der Bund nur zu übernehmen brauche.

Der Tierschutzplan Niedersachsen sei eine „Blaupause für den Bund“, ergänzte Meyer. Das Land habe auf dem Gebiet bereits Maßstäbe gesetzt – zuletzt mit dem Verbot, Legehennen die Schnäbel zu kürzen. Zudem habe die vom Land eingeführte Ringelschwanzprämie den Ausstieg aus dem Schwänzekupieren bei Schweinen vorbereitet. „Wir werden bei dem Thema nicht lockerlassen“, stellte der AMK-Vorsitzende klar. „Herr Schmidt braucht das Rad nicht neu zu erfinden, sondern sich nur an Niedersachsen ein Beispiel zu nehmen“, sagte Meyer. 2017 müsse nach den Beschlüssen der Agrarministerkonferenz auch „endlich Schluss sein“ mit dem millionenfachen Töten männlicher Eintagsküken, die allein deshalb kurz nach der Geburt sterben, weil sie keine Eier legen können. Schmidt habe angekündigt, dass im Frühjahr 2017 die technischen Voraussetzungen zur Geschlechterdifferenzierung im Ei vorlägen. „Die AMK wird ihn in die Pflicht nehmen, es muss ein bundesweites Verbot geben“, sagte Meyer. Er schlug vor, „dass Bund und Länder gemeinsam prüfen sollten, inwieweit die Brütereien bei der Umstellung zu unterstützen sind“. Mehr Tierschutz sei eine Chance für die Landwirtschaft. „Das wollen wir am Beispiel Niedersachsens zeigen.“

Niedersachsens Agrarminister richtet als AMK-Vorsitzender jedoch nicht nur den Blick nach Berlin, sondern auch nach Brüssel und zwar im Sinne einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Landwirtschaft. Einige Themen liegen Meyer besonders am Herzen: Dazu zählt die anstehende Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in der EU, die zwar erst in der neuen Förderperiode ab 2020 greift, für die jedoch bereits in diesem Jahr erste entscheidende Weichen gestellt werden. „Statt Förderung quasi per Gießkanne an Großbetriebe allein auf Basis von Flächenbesitz müssen Umwelt- und Natur-Leistungen wie Weidehaltung, das Anlegen von Blühstreifen sowie Gewässer- und Tierschutz viel besser honoriert werden“, forderte Meyer.

Auch sei es wichtig, aus der Milchkrise zu lernen. Meyer: „Im vergangenen Jahr sind wir im Milchsektor Zeugen eines Höfesterbens in einem dramatischen Ausmaß geworden.“ Tatsächlich gaben in Deutschland binnen eines Jahres rund 4000 Milchviehbetriebe auf. Das sei „ein schmerzlicher Verlust für den ländlichen Raum, den wir nicht tatenlos hinnehmen sollten“, so Niedersachsens Agrarminister. Kühe auf der Weide seien „systemrelevant“. Die AMK habe zur Lösung der Milchkrise einen einstimmigen Beschluss vorgelegt. „Das Zögern des Bundes ist unerklärlich und verantwortungslos. Vielmehr müssen alle Aspekte, darunter auch die von den Milchbauern vorgeschlagenen Marktinstrumente umgesetzt werden.“ Die Krise am Milchmarkt sei „noch lange nicht vorbei. Denn von Preisen um die 30 Cent pro Liter kann kein Bauer leben. Es müssen mindestens 40 bis 45 Cent sein“, sagte Meyer. Er forderte erneut eine verpflichtende Mengenreduzierung auf EU-Ebene in Krisenzeiten. Da der EU-Agrarkommissar und der Bundesminister sich den auch von den Milchbauern gewollten Marktinstrumenten verweigerten, seien sie mitverantwortlich für das große Höfesterben im Milchviehbereich. Meyer: „Warnungen vor solch einem Fiasko gab es genug. Das Nichthandeln unter anderem von Bundesminister Christian Schmidt im vergangenen Jahr hat die aktuelle Krise nicht nur verschlimmert, sondern befeuert unweigerlich die nächste.“

Die Stärkung des Ökolandbaus wird beim AMK-Vorsitz Niedersachsens ebenfalls eine große Rolle spielen. Deshalb sei es wichtig, „dass der Bund die Forderung der Agrarministerkonferenz gegen die seitens der Kommission weiter anvisierte Totalrevision der EU-Ökoverordnung endlich umsetzt“, so Meyer. Obgleich im Dezember 2016 die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, dem Ministerrat sowie der Kommission nach drei Jahren gescheitert seien, halte die Kommission weiter an der „unsinnigen Reform mit Sonder-Grenzwerten für Ökobauern“ fest. In einem gemeinsamen Brief mit seinen Länderkollegen forderte Meyer Bundesminister Schmidt auf, sich im Ministerrat für ein Ende der Reform einzusetzen, wie es die Agrarministerkonferenz beschlossen habe. „Die bestehende EU-Ökoverordnung muss mit Augenmaß weiter entwickelt werden, statt neue bürokratische Hürden und Belastungen für unsere Ökobauern zu schaffen. Eine Total-Revision ist überflüssig wie ein Kropf.“ Es könne nicht angehen, „dass die Ökolandwirte in ganz Europa durch die langwierigen Verhandlungen in Brüssel völlig verunsichert werden. Doch gerade diejenigen, die von der konventionellen Landwirtschaft auf den Ökolandbau umstellen wollen, brauchen Planungssicherheit“.

Für die Umwelt sei 2017 ebenfalls entscheidend, fügte Meyer hinzu. Insbesondere der Rückgang der Insekten und Bienen bereite ihm große Sorgen. Neben mehr Vielfalt auf den Äckern und mehr blühenden Landschaften gehöre dazu auch eine Reduzierung des für Bienen gefährlichen übermäßigen Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft. Er werde beim Bund darauf drängen, „den Einsatz aller bienengefährlichen Stoffe zu untersagen. Wir brauchen hier zum Schutz der Imkerei und der Bienen eine Umkehr der Beweislast. Im Zweifel für die Honigbiene“, sagte Meyer. „Sie ist das wichtigste Nutztier des Menschen. Ohne die fleißigen Bestäuber wäre uns die Lebensgrundlage nahezu entzogen.“ Und deshalb bleibe es ein Ziel, Pflanzenschutzmittel so weit wie möglich zu reduzieren. Daher müssten noch andere potenziell bienengefährliche Stoffe, darunter die Neonikotinoide, wie in Frankreich verboten werden. Denkverbote dürfe es dabei nicht geben. „Auch eine Pflanzenschutzmittelabgabe wie in Dänemark halte ich zur Reduzierung des Verbrauchs für sinnvoll“, so der AMK-Vorsitzende.

Ein besonderes Jahr ist 2017 überdies mit Blick auf das höchst umstrittene Pestizid Glyphosat, das die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation als für den Menschen „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hatte: Ende dieses Jahres läuft die im Sommer 2016 von der EU erteilte vorläufige Weiter-Genehmigung aus. Deshalb muss 2017 über die endgültige Verlängerung der Zulassung entschieden werden. Meyer: „Insbesondere die Übernahme von Monsanto durch Bayer sehe ich mit großer Sorge. Auch hierzu erwarten wir Berichte auf der nächsten Agrarministerkonferenz.“ Zu befürchten sei die Entstehung eines Quasi-Weltmonopolisten im Bereich der Pestizide und des Saatguts mit erheblichen negativen Folgen für die bäuerliche Landwirtschaft. Auch die Bewertung von Glyphosat müsse nach rein fachlichen Kriterien in Bezug auf die Auswirkungen für Gesundheit, Umwelt und Landwirtschaft und nicht nach ökonomischen Standortinteressen erfolgen. Meyer: „Der Bund sollte die vielen Kritiker daher deutlich ernster nehmen als bislang.“

Artikel-Informationen

erstellt am:
03.01.2017

Ansprechpartner/in:
Klaus Jongebloed

Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Calenberger Str. 2
30169 Hannover
Tel: 0511-120-2095
Fax: 05 11/1 20-23 82

www.ml.niedersachsen.de

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln